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Der Mann, der bei gegrillter Schweinshacke das Weite sucht


AXEL HACKE


Bei falscher Grammatik kommt er richtig in Fahrt



„Ich kann ihnen mal die Kolumne von morgen vorlesen, die kennen Sie ja noch nicht“, bemerkt Axel Hacke etwas gelangweilt. Und schiebt beiläufig hinterher: „Die können Sie ja noch gar nicht kennen.“ Mit Betonung auf „können“. „Es sei denn, sie arbeiten beim Geheimdienst.“ Damit ist das aktuelle Tagesthema gleich mal vom Tisch. Aber was heißt Tisch. Eine schwarze Ledercouch hat man dem Erfolgsautor auf ein Podest vor die Bühne gestellt. Da sitzt er fast den ganzen Abend vorne auf der Kante. Ab und zu rutscht er nach hinten, mit übereinander geschlagenen Beinen, greift sich ein neues Buch aus dem Stapel seiner Werke, die links neben ihm liegen, und gibt Anekdoten zum Besten, die nicht neu sind, aber so urkomisch, dass man sich nicht satthören kann. Manchen der rund 200 Gäste, die zum Leseabend der Buchhandlung Osiander in die Heilbronner Harmonie gekommen sind, möchte man helfend zur Seite springen, so sehr krümmen sie sich auf ihren Stühlen. Vor Lachen. Axel Hacke, Kolumnist der Süddeutschen Zeitung, ist seit der Veröffentlichung seiner Glossen, an deren Beginn die Geschichte des weißen Negers Wumbaba steht, ein Star seines Fachs, der die Kunst der leisen Töne, gepaart mit feinsinnigem Humor, meisterhaft beherrscht. Wenn er ins vermeintlich Deutsche übersetzte Speisekarten aus aller Herren Länder zum Besten gibt, bleibt kein Auge trocken: „Genießen sie unsere chinesische Cousine“, „Zerknitterte Päpste“ oder „Zwiebel ruft an“, was Onion rings, also Zwiebelringe bedeutet. Die schnöde Hähnchenbrust „Oberst von Huhn breitet sich drastisch in einer Weißweincreme aus“ gibt dem Programm, mit dem der 58-Jährige durchs Land reist, seinen Namen. Nur wenn Hacke irgendwo auf „Gegrillte Schweinshacke“ trifft, sucht er schnell das Weite.


WENN DAS DESSERT ZUR WÜSTE WIRD


Viel Kurioses wird ihm inzwischen zugeschickt. Etwa aus Bottrop. Kopfschüttelnd merkt er an: „Die Leute wohnen wirklich überall.“ Beim Tischgebet mit seinem Jüngsten liegt man schon nach der ersten Zeile unter selbigem: „Komma Jesus, sei unser Gast.“ Oder das „Dessert, dass zur Wüste wird“. Hacke: „Da müssen sie nur ein ‚s‘ weglassen. Entweder das erste oder das zweite.“ Das gibt er alles von sich ohne eine Miene zu verziehen, was es noch komischer macht. Eine Geschichte spielt „im August vor Weihnachten.“ Das Problem ist der „Partnerschafts-Passiv“, der da lautet: „Man müsste mal.“ Hacke: „Man müsste mal die Christbaumkugel wegräumen.“ Er erklärt, dass sich weder Herr Man (mit einem ‚n‘), noch Frau Jemand und schon gar nicht Fräulein Einer angesprochen fühlen. Nachdem sich schließlich doch Einer erbarmt, die Kugel im Keller in einen Karton legt, wo sie nicht hingehört, den dann kurz danach Jemand herauf holt, ist nicht nur der Abend zu Ende, sondern die Kugel wieder im Wohnzimmer und mit ihr das Problem: „Man müsste mal die Christbaumkugel wegräumen.“


TEXT: SIMONE HEILAND

FOTOS: THOMAS DASHUBER, SIMONE HEILAND